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DIE SOZIETÄT AHLS HÖLTING DR. BECKER
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Aktuelles

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News

Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Mandanteninformationen. Wenn Sie recherchieren oder ältere Ausgaben betrachten möchten, können Sie hier unser Archiv aufrufen.

Zum Thema Arbeitsrecht

  • Hygienekonzepte in Coronazeiten: Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht über Schutzmaßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschäden
  • In vielen Betrieben sind Hygienekonzepte zum Schutz vor Corona überlebenswichtig - in einem Krankenhaus nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem wörtlich gesehen. Doch inwieweit bei der Verabschiedung eines solchen Konzepts der Betriebsrat mitbestimmungsberechtigt ist, musste das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) entscheiden.

    Ein Krankenhaus hatte wegen der Coronapandemie ein System zur Dokumentation von Zutritt und Aufenthalt betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Den Betriebsrat hatte es dabei nicht beteiligt. Deshalb beantragte dieser beim zuständigen Arbeitsgericht (AG) die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung des Besucherkonzepts. Als das AG eine solche Einigungsstelle tatsächlich einsetzte, wollte sich das Krankenhaus damit nicht zufriedengeben - es schaltete das LAG ein.

    Die Einigungsstelle war in den Augen des LAG jedoch durchaus zu Recht eingesetzt worden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz bezieht sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Genau eine solche Rahmenvorschrift, die auch den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezweckt, stellt die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen dar.

    Hinweis: Entscheidet sich ein Arbeitgeber für die Zulassung von Besuchern, trifft ihn auch die entsprechende Verpflichtung zum Gesundheitsschutz gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für die Umsetzung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts besteht ein Gestaltungsspielraum - und genau dieser eröffnet das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.


    Quelle: LAG Köln, Beschl. v. 22.01.2021 - 9 TaBV 58/20
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Kein Gesichtsvisier statt MNS: Flugsicherheitsassistentin muss angeordneter Infektionsschutzmaßnahme des Arbeitgebers nachkommen
  • Selbstverständlich sind die ständig wechselnden coronabedingten Anordnungen manchmal zum Haareraufen. Dass jedoch die meisten durchaus sinnvoll sind, beweist der folgende Fall des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG), der sich um die Verpflichtung des Arbeitgebers drehte, einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) bei der Arbeit zu tragen.

    Eine Flugsicherheitsassistentin hatte geltend gemacht, bei ihrer Arbeit am Flughafen statt eines MNS einen Gesichtsschutzschirm tragen zu dürfen, der in dieser Pandemiephase noch vielerorts zu sehen war. Dennoch lehnten die Richter des ArbG diese Schutzvariante hier ab.

    Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, sowohl seine Beschäftigten als auch das Publikum am Flughafen vor Infektionen zu schützen. Das begehrte Gesichtsvisier war für den Schutz Dritter jedoch nachweislich weniger geeignet als der vorgeschriebene MNS. Dass der Arbeitnehmerin das Tragen eines MNS aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, hatte sie den Richtern nicht glaubhaft machen können. Da Flugsicherheitsassistenten für die Durchführung der Passagier- und Gepäckkontrollen, die Bedienung von Sicherheitstechnik und insgesamt die Umsetzung der Luftsicherheitsstandards zuständig sind, kommen sie bei diesen Tätigkeiten naturgemäß häufig und nahe mit anderen Menschen in Kontakt. Und ein Gesichtsvisier kann diesen hohen Schutzanforderungen nachweislich nicht Genüge tun.

    Hinweis: In aller Regel wird also momentan(!) eine Anordnung zum Tragen eines MNS auf der Arbeit rechtmäßig sein. Warten wir ab, wie sich die Pandemielage weiterhin entwickelt.


    Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 15.10.2020 - 42 Ga 13034/20
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Kündigungsschutzklage abgewiesen: Kündigung nach Diebstahl von Desinfektionsmittel ist auch ohne vorherige Abmahnung rechtens
  • Ob der Fall des Pfandbons oder der eines Brötchens - es sollte allgemein bekannt sein, dass auch der geringfügige Diebstahl eben ein Diebstahl ist, der zu einer fristlosen Kündigung führen kann. Mit der dringenden Notwendigkeit von Desinfektionsmitteln ist dem Reigen von zu entwendenden "Kleinigkeiten" ein weiteres Objekt der Begierde hinzugekommen, über dessen Entwendung hier das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) zu entscheiden hatte.

    Ein Arbeitnehmer war seit 2004 bei einem Paketzustellunternehmen als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle im März 2020 fand der Werkschutz im Kofferraum des Mannes eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel sowie eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt 40 EUR. Wegen des vermeintlichen Diebstahls erhielt der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung, gegen die er vor dem Arbeitsgericht vorging. Der Arbeitnehmer meinte, er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum einfach nur nicht mehr gedacht.

    Doch das LAG hat die Kündigungsschutzklage des Mannes in zweiter Instanz abgewiesen. Seiner Auffassung nach lag nämlich durchaus ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Arbeitnehmers waren in den Ohren der Richter schlichtweg nicht glaubhaft. Selbst eine vorherige Abmahnung war in diesem Fall nicht erforderlich gewesen.


    Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2021 - 5 Sa 483/20
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Mangel an Beweisen: LAG weist Kündigung wegen Nutzung des Dienstfahrzeugs und Arbeitszeitbetrugs zurück
  • Über den Einsatz von Dienstwagen und deren Nutzung über das Berufliche hinaus gab es schon reichlich Streit. Dass Arbeitnehmer bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen besonders aufpassen sollten, beweist auch dieser Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG). Denn bei diesem Thema kann es schneller zu einer Kündigung kommen als gedacht, und hier hatte der Angestellte einfach Glück. Lesen Sie, warum.

    Ein Arbeitnehmer war seit 1984 als Energieanlagenelektroniker im Außendienst im Bereich der Stromzählermontage bei einem Netzbetreiber beschäftigt. Er war tariflich ordentlich unkündbar. Für seine Tätigkeit hatte ihm seine Arbeitgeberin ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt, dessen private Nutzung sie jedoch untersagt hatte. Die Arbeitgeberin warf dem Mitarbeiter schließlich nach einer Auswertung des elektronischen Fahrtenbuchs unerlaubte Privatfahrten und damit einen Arbeitszeitbetrug vor. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Dagegen klagte der Arbeitnehmer - durchaus mit Erfolg.

    Soweit die Arbeitgeberin ihm überzogene Pausen aufgrund von Standzeiten des Fahrzeugs nach der regulären Pausenzeit vorgeworfen hatte, konnte sie keinen Kündigungsgrund nachweisen. Denn der Arbeitnehmer hatte diesen Umstand damit erklärt, dass er in dieser Zeit vorbereitend die Schrauben der Zählerplatten für die Montage nachgezogen hatte. Dass der Arbeitnehmer mit dem Dienstfahrzeug seine Wohnung aufgesucht hatte, war für das LAG auch kein Kündigungsgrund - denn es blieb offen, ob ihm dies ein Vorgesetzter für Toilettengänge wegen einer Erkrankung gestattet hatte. Es handelte sich stets nur um einen kleinen Umweg. Die lange beanstandungsfreie Beschäftigungszeit und der nur kurze Aufenthalt zu Hause sprachen in den Augen der LAG-Richter daher hier für den Mitarbeiter.

    Hinweis: Aus Arbeitgebersicht sind viele Urteile der Arbeitsgerichte kaum nachvollziehbar. Aber so ist das nun einmal: Das Arbeitsrecht ist in seinem eigentlichen Sinne ein Arbeitnehmerschutzrecht.


    Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2020 - 6 Sa 522/20
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Selbstverursachte Lieferengpässe: Sondersituationen als Voraussetzung für Sonntagsarbeit muss außerbetriebliche Gründe haben
  • Ein Unternehmen darf unter bestimmten Gesichtspunkten eine ausnahmebedingte Sonntagsarbeit anordnen. Doch Vorsicht: Wer sich als Unternehmer mit Kundenversprechen zu weit aus dem Fenster lehnt, für den gilt die Ausnahme der Ausnahmen. Doch lesen Sie selbst, was und warum das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im folgenden Fall entscheiden hat.

    Ein Onlineversandhandel hatte die Bewilligung von Sonntagsarbeit für 800 Arbeitnehmer an zwei Adventssonntagen bei der zuständigen Behörde beantragt. Ohne die Sonntagsarbeit drohte ein Überhang von 500.000 Bestellungen bis Weihnachten. Als die Behörde die Sonntagsarbeit genehmigte, zog eine Gewerkschaft dagegen vor Gericht.

    Das BVerwG urteilte, dass nach dem Arbeitszeitgesetz die zuständige Behörde an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern durchaus bewilligen kann, sofern besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens diese erfordern. Besondere Verhältnisse sind vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürfen also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen worden sein. Doch hier war der Bedarf für die beantragte Sonntagsarbeit auf auf eben solche innerbetrieblichen Umstände zurückzuführen. Denn - und jetzt wird es interessant und entscheidend! - die Lieferengpässe wurden durch die kurz vor dem Weihnachtsgeschäft eingeführte Zusage kostenloser Lieferung am Tag der Bestellung verstärkt. Deshalb musste das Gericht hier auch erst gar nicht darüber entscheiden, ob allein schon saisonbedingt ein erhöhter Auftragseingang eine Sondersituation darstelle, die eine Bewilligung von Sonntagsarbeit rechtfertigen könne.

    Hinweis: Möchte ein Unternehmen einmal Sonntagsarbeit einführen, können diese Ausführungen des BVerwG helfen.


    Quelle: BVerwG, Urt. v. 27.01.2021 - 8 C 3.20
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


Zum Thema Erbrecht

  • Auslegung eines Testaments: OLG sieht Unterschied in der Formulierung von "Abkömmlingen" und "Verwandten"
  • Immer wieder ist es an den Gerichten, missverständliche Testamentsformulierungen so zu interpretieren, wie es der oder die Erblasser einst mutmaßlich intendiert hatten. Ein recht einleuchtendes Beispiel einer solchen Auslegung lieferte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG).

    Der 1926 geborene Erblasser und seine 1930 geborene Ehefrau hatten keine gemeinsamen Kinder und auch jeder für sich keine eigenen Abkömmlinge. Sie haben im Jahr 2011 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Darüber hinaus haben sie verfügt: "Nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten sollen unsere gemeinsamen Abkömmlinge zu gleichen Teilen die Erben sein." Nach dem Tod des Erblassers beantragten die Erben zweiter Ordnung (Abkömmlinge der Eltern des Erblassers) einen gemeinschaftlichen Erbschein mit der Begründung, dass das Testament so auszulegen sei, dass die jeweiligen gesetzlichen Erben Schlusserben zu gleichen Teilen sein sollten.

    Dieser Auslegung konnte sich das OLG jedoch nicht anschließen. Für eine Auslegung, dass die Eheleute die Begriffe "Abkömmlinge" und "Verwandte" gleich verwendet haben, gab es keinerlei Anhaltspunkte. Vor allem die Verwendung des Begriffs "gemeinsam" spricht dagegen, dass hiermit die jeweiligen Verwandten der Eheleute gemeint gewesen sein könnten. Laienhaft sei es den Erblassern vermutlich nur darauf angekommen, sich wechselseitig zu Alleinerben einzusetzen.

    Hinweis: Missverständliche Regelungen sollten bei der Abfassung einer Verfügung unter allen Umständen vermieden werden. Nutzen Sie daher rechtzeitig die Expertise erbrechtlicher Fachleute, bevor die Verteilung Ihres Erbes von der Auslegung der Gerichte abhängt.


    Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2020 - III-3 Wx 215/19
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren: Oberlandesgerichte uneins, wer die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat
  • Ein Gerichtsverfahren ist stets auch mit Kosten verbunden. Im Folgenden musste das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entscheiden, ob mit der kostenpflichtigen Ablehnung eines Erbscheins auch außergerichtliche Kosten berührt werden oder sich diese Kostenentscheidung lediglich auf die Gerichtskosten des Erbscheinsverfahrens bezieht.

    Ein Nachlassgericht hatte im Jahr 2017 einen Erbscheinsantrag "kostenpflichtig" zurückgewiesen. Mehrere an dem Verfahren Beteiligte haben daraufhin bei Gericht beantragt, dass die ihnen entstandenen außergerichtlichen (Rechtsanwalts-)Kosten von den Antragstellern zu erstatten seien.

    Diesen Antrag hat das OLG Düsseldorf letztlich zurückgewiesen. Trifft ein Nachlassgericht die Entscheidung, dass der von den Beteiligten gestellte Erbscheinsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen wird, bezieht sich diese Kostenentscheidung in den Augen des Düsseldorfer Senats lediglich auf die Gerichtskosten. Die Entscheidung ist keine Grundlage für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten der übrigen am Verfahren Beteiligten.

    Es wird in der Rechtsprechung der OLGs zwar nicht einheitlich beantwortet, ob in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - zu denen auch das Erbscheinsverfahren gehört - mit der Kostenentscheidung auch eine Entscheidung darüber getroffen wird, wer die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu tragen hat. Das OLG geht in Düsseldorf ebenso wie die Kollegen in Köln jedoch davon aus, dass mit einer solchen Entscheidung lediglich über die Gerichtskosten entschieden wird, wobei das OLG in Hamm dies anders sieht.

    Hinweis: Aufgrund der unterschiedlichen Ansichten der verschiedenen OLGs und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hat der Senat des hier urteilenden Gerichts die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.


    Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.01.2021 - I-3 Wx 205/20
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Rechtspfleger erliegt Formfehler: In Erbscheinsangelegenheiten muss dringend auf die jeweilige Zuständigkeit geachtet werden
  • Für die Entscheidung zur Einziehung eines Erbscheins ist beim Nachlassgericht funktionell der Rechtspfleger zuständig. Wie wichtig dabei bundes- und landesrechtliche Sonderregelungen - sogenannte Richtervorbehalte - sind, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG) .

    Im Streitfall ging es um die Einziehung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der die Kinder der Erblasserin jeweils hälftig als Miterben auswies. Nach Erteilung des Erbscheins wurde von der Tochter ein weiteres Testament vorgelegt, bei dem zwischen den Beteiligten streitig war, ob dieses zeitlich nach dem Testament errichtet wurde, das Grundlage des Erbscheins geworden ist. Das Nachlassgericht hat in Person eines Rechtspflegers den Erbschein durch einen Beschluss eingezogen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde zum OLG.

    Ohne sich mit der Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung auseinandersetzen zu können, hob das OLG die Entscheidung des Rechtspflegers bereits aus formalen Gründen auf. Aufgrund der besonderen landesrechtlichen Regelung sei für die Entscheidung über die Einziehung von Erbscheinen in Niedersachsen nämlich der Nachlassrichter zuständig. In Fällen, in denen gegen den Erlass einer beantragten Entscheidung Einwände erhoben werden - so wie hier bei der Frage nach der Gültigkeit eines Testaments -, ist die Angelegenheit dem zuständigen Richter vorzulegen. Daher hat das OLG hat die Angelegenheit an das Nachlassgericht zurückverwiesen.

    Hinweis: Es lohnt sich stets, auch einen Blick darauf zu werfen, ob eine Entscheidung unter formalen Gesichtspunkten ordnungsgemäß zustande gekommen ist.


    Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.01.2021 - 3 W 118/20
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Vorsicht beim Negativtestament: Eine Enterbung ohne Erbeinsetzung birgt die Gefahr, dass das Erbe dem Fiskus zufällt
  • Natürlich kann ein Erblasser durch ein Testament ausdrücklich Anordnung darüber treffen, wer Erbe werden soll. Möglich ist dabei auch, dass der Erblasser einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt, ohne einen Erben einzusetzen. Wer genau von dieser Enterbung betroffen ist, ist im Einzelfall durch eine Auslegung zu ermitteln - so wie im Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG).

    In diesem Fall war die ledige Erblasserin kinderlos verstorben. Die Eltern waren bereits vorverstorben. Mit Ausnahme des Bruders gab es keine weiteren Geschwister der Erblasserin. Diese hinterließ ein im Februar 2007 errichtetes handschriftliches Testament, in dem es unter anderem hieß: "Ausgeschlossen sind alle Verwandten und angeheiratete Verwandten!" Ferner führte sie darin aus, dass die Familie mitleidlos gegenüber "unserem Vertreibungsschicksal" war. "Wir wurden von den Verwandten lächerlich gemacht! Das tut sehr weh!" Auf eine ausdrückliche Erbeinsetzung verzichtete sie in dem Testament jedoch. Der Bruder der Erblasserin beantragte daher einen Erbschein, wohingegen der Fiskus der Ansicht war, an die Stelle eines Erben getreten zu sein.

    Das OLG gelangte nach einer Auslegung des Testaments jedoch zur Einschätzung, dass der Bruder der Erblasserin von dem Ausschluss nicht betroffen sei. Die Formulierungen in dem Testament mit den "Verwandten" auf der einen Seite und der Personengruppe "wir" auf der anderen Seite spreche dafür, dass die Erblasserin den Bruder eben nicht zu den von dem Ausschluss betroffenen Verwandten zählte. Das Nachlassgericht hatte demnach auch den beantragten Erbschein zugunsten des Bruders zu Recht erteilt.

    Hinweis: Eine Enterbung ohne eine Erbeinsetzung birgt das Risiko, dass ein potentieller Erbe nur durch eine Auslegung zu ermitteln ist. Wird ein Erbe innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist nicht ermittelt, hat das Nachlassgericht festzustellen, dass der Fiskus Erbe nach dem Verstorbenen geworden ist. Ob dies von dem Erblasser tatsächlich gewollt ist, muss gut überlegt sein.


    Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.11.2020 - 8 W 359/20
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Wechselbezüglichkeit ist entscheidend: Nicht jede Verfügung im gemeinschaftlichen Testament entfaltet eine automatische Bindungswirkung
  • Errichten Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament, haben wechselbezügliche Verfügungen eine Bindungswirkung. Grundsätzlich können diese nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr einseitig abgeändert werden. Dass jedoch nicht jede darin getroffene Verfügung diese bindende Wechselbezüglichkeit bedingt, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

    Der Erblasser hatte mit seiner bereits verstorbenen ersten Ehefrau im Jahr 1998 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. Darüber hinaus haben sie bestimmt, dass nach dem Tod beider Ehegatten für die fünf Kinder die gesetzliche Erbfolge gelten solle. Nach dem Tod seiner Ehefrau hat der Erblasser erneut geheiratet und in einem späteren notariellen Testament im Jahr 2014 seine zweite Ehefrau hälftig zur Erbin, seine Kinder zu jeweils einem Zehntel Anteil als Erben eingesetzt. Des Weiteren wurde eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Die überlebende Ehefrau beantragte den Erlass eines Erbscheins auf der Basis des zuletzt errichteten notariellen Testaments. Eine Tochter des Erblassers war jedoch der Ansicht, dass ein Erbschein auf der Basis des ursprünglich errichteten gemeinschaftlichen Testaments zu erteilen sei.

    Das OLG hat ausgeführt, dass die Regelung in dem gemeinschaftlichen Testament, dass nach dem Tod der Eheleute die gesetzliche Erbfolge in Kraft treten solle, keine wechselbezügliche Verfügung sei. Dies könne nur für solche Verfügungen angenommen werden, die ein Ehegatte nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen hätte. Es widerspreche laut OLG der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Eltern ihre gemeinsamen Kinder nur mit Rücksicht auf die Verfügung des anderen Elternteils einsetzen. Mangels eben jener entscheidenden Wechselbezüglichkeit konnte der Erblasser hier auch nach der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments eine hiervon abweichende Verfügung treffen. Dabei stellte das Gericht jedoch auch fest, dass diese im Verhältnis zu den Kindern - mit Ausnahme der Anordnung der Testamentsvollstreckung - keine Änderung ergab.

    Hinweis: Wollen Ehegatten die Bindungswirkung vermeiden, sollten sie sich im Rahmen der Abfassung des Testaments das Recht zur Abänderung nach dem Tod des Erstversterbenden vorbehalten.
     
     


    Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.01.2021 - I-3 Wx 245/19
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


Zum Thema Familienrecht

  • Antrag auf gerichtliche Regelung: Vorige Einschaltung des Jugendamts ist bei Umgangsverfahren nicht zwingend nötig
  • Finden Eltern nach Trennung keine einvernehmliche Lösung über die Frage, wann wer mit den Kindern Umgang hat, können sie sich zum einen an das Jugendamt wenden, um eine Verständigung herbeizuführen. Zum anderen steht ihnen der Weg der gerichtlichen Klärung offen. Ob bei diesen beiden Optionen eine rechtlich zwingende Reihenfolge einzuhalten ist, klärte das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im folgenden Fall.

    Hier lebten die Kinder bei der Mutter, und der Vater begehrte einen entsprechenden Umgang. Da er sich von einem Vermittlungsversuch über das Jugendamt nichts versprach, beantragte er gleich eine gerichtliche Umgangsregelung. Diesen Antrag sah die Mutter als unzulässig an - ihrer Ansicht nach fehle es an einem entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis. Und so meinte sie, dass sich der Mann zuerst an das Jugendamt hätte wenden müssen. Das Scheitern einer solchen Vermittlung sei schließlich Voraussetzung, das Gericht anzurufen. Das zuständige Amtsgericht (AG) gab der Frau in erster Instanz Recht. Doch dann wendete das OLG als zweite Instanz das Blatt.

    Das OLG entschied, das nicht erst der Weg zum Jugendamt beschritten werden müsse, bevor ein gerichtliches Verfahren zur Regelung des Umgangs eingeleitet werden kann. Das Gericht hob deshalb die Entscheidung der Erstinstanz auf und verwies die Sache zurück, damit sich das AG nun mit der Sache befasst.

    Hinweis: Meist ist es ratsam, bei Spannungen zunächst mit dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen. Das ist zwar rechtlich nicht zwingend - es lässt sich so aber zügig herausfinden, wie gut die Chancen auf eine einverständliche Regelung stehen. Gerichtliche Verfahren belasten die Beteiligten meist mehr und können zudem länger dauern, obwohl es bei Umgangsfragen wichtig ist, eine zügige Regelung zu finden. Das gilt auch dann, wenn statt eines Hauptsacheverfahrens ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingeleitet wird.


    Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.11.2020 - 2 UF 139/20
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Betreuungsrecht: Die persönliche Anhörung des Betroffenen bleibt auch in Coronazeiten unablässlich
  • Bevor jemand unter Betreuung gestellt wird oder eine sonstige maßgebliche Entscheidung über seine Betreuung gerichtlich erfolgt, hat eine persönliche Anhörung des Betroffenen zu erfolgen. Insbesondere der Bundesgerichtshof (BGH) wird immer wieder mit derart gestalteten Fragen konfrontiert und nimmt es mit dieser Anhörungspflicht daher auch sehr genau. Dass dessen Entscheidungen auch immer wieder praktische Folgen nach sich ziehen, zeigt der folgende Fall.

    Generell gilt zunächst, dass für den Fall, dass ein Volljähriger wegen psychischer Erkrankung oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst besorgen kann, ihm ein Betreuer durch das Gericht bestellt wird. Dieser Betreuer handelt dann innerhalb eines vorher festgesetzten Aufgabenkreises für den Betreuten. Damit man nicht einfach so unter Betreuung gesetzt werden kann, hat zuvor eine ausführliche Prüfung über die Notwendigkeit zu erfolgen. Dazu gehört vor allem auch, dass das Gericht den Betroffenen jeweils unmittelbar und persönlich anzuhören hat.

    Wie ist es um dieses Erfordernis in Coronazeiten bestellt ist, hat der BGH klar entschieden: Die Anhörungspflicht gilt unverändert - ganz so, als gäbe es die Pandemie nicht. Zwar müssen der Schutz und die Sicherheit des Gerichts bei der persönlichen Anhörung vor Ort gewährleistet sein. Dies sei aber der Fall, wenn die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Hygienemaßnahmen ergriffen werden, so dass die entsprechenden Standards gewährleistet sind. Das Gericht darf also nicht davon absehen, den Betroffenen persönlich anzuhören, bevor in die Rechte des Betroffenen (weiter) eingegriffen wird.

    Hinweis: In Alten- und Pflegeheimen haben sich Besucher vor dem Betreten einem Coronaschnelltest zu unterziehen. Sie müssen auch ansonsten gewissen Besonderheiten genügen. Das gilt also auch für die Richterinnen und Richter, wenn sie eine Anhörung vorzunehmen haben. Sich den Maßnahmen zu entziehen, indem auf die Anhörung verzichtet wird, ist nicht opportun! Das verbleibende Restrisiko bewertet das Gericht geringer als die Notwendigkeit, sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen.


    Quelle: BGH, Beschl. v. 04.11.2020 - XII ZB 220/20
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Gewaltschutz nach Umzug: Ein gerichtliches Abstandsgebot gilt nach Wohnortwechsel nicht einfach weiter
  • Wird die ehemalige Partnerin/der ehemalige Partner nicht in Ruhe gelassen, sondern dauernd eine Kontaktaufnahme angestrebt - Stichwort "Stalking" -, kann es angemessen und erforderlich werden, Rechtsschutz nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) in Anspruch zu nehmen. Im Kern wird dann das Verbot ausgesprochen, sich der Wohnung der bedrängten Person nicht mehr als in einer gewissen Distanz zu nähern und Kontakt aufzunehmen. Was aber passiert, wenn sich die Umstände beispielsweise durch einen Umzug ändern, musste im Folgenden das Berliner Kammergericht (KG) klären.

    Einem Mann wurde gerichtlich unter anderem verboten, sich mehr als 500 Meter der Wohnung der Frau zu nähern. Dann zog die Frau um, und es kam, wie es kommen musste: Der Mann näherte sich der Frau nun bei ihrer neuen Wohnung. Die Frau verlangte nun die Verhängung eines Ordnungsgeldes, denn sie sah in dem Verhalten des Mannes einen eindeutigen Verstoß gegen den gerichtlichen Beschluss, der gegen ihn in Sachen Abstandsgebot verhängt worden war. Doch galt der Beschluss in sinngemäßer Anwendung auch für die neue Wohnung?

    Leider nein, so das KG. Es ist stets auf den genauen Inhalt der gerichtlichen Entscheidung zu achten - und in diesem Fall stand dort nichts von der neuen Wohnung. Deshalb konnte der Beschluss nicht gedanklich umgeschrieben werden. Ein Antrag der Frau auf Verhängung eines Ordnungsgeldes wurde deshalb abgewiesen.

    Hinweis: Verfahren nach dem GewSchG nehmen in der Pandemie leider zu. Viele Paare und Familien sind den mitunter sehr diffizilen Herausforderungen dieser besonderen Zeit nicht gewachsen. Dennoch kann nicht undifferenziert Hilfe bei den Gerichten angefordert werden - ein präziser Vortrag ist stets vonnöten und Besonderheiten sind zu beachten.


    Quelle: KG, Beschl. v. 22.09.2020 - 16 WF 1113/20
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Gleichgeschlechtliche Eltern: Bei ausgebliebener Adoption zählt beim Umgangsrecht die kindliche Bindung an den sozialen Elternteil
  • Zwar ist die gleichgeschlechtliche Ehe gesetzlich mittlerweile der nicht gleichgeschlechtlichen Ehe weitestgehend gleichgestellt - im Kindschaftsrecht ist das aber nicht so. Dementsprechende Probleme kann es geben, wenn es zur Trennung kommt. Daher war das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) mit der folgenden Frage befasst.

    Zwei miteinander verheiratete Frauen beschlossen, dass eine der beiden mittels Fremdinsemination Kinder bekommen solle, und setzten den Plan erfolgreich um. Als es später zur Trennung kam, blieben die Kinder bei ihrer biologischen Mutter. Als ihre Exfrau erwartungsgemäß den Kindesumgang verlangte, verweigerte ihr die ehemalige Partnerin diesen Wunsch, so dass der Fall vor dem OLG landete.

    Kinder, die während des Bestehens einer nicht gleichgeschlechtlichen Ehe geboren werden, gelten nach dem Gesetz automatisch als Kinder der Ehegatten. Im Fall einer Trennung besteht ebenfalls automatisch ein Umgangsrecht des Elternteils, bei dem die Kinder nicht leben. Bei gleichgeschlechtlichen Ehen ist das nicht der Fall. Die Kinder haben zwar die Gebärende als Mutter, der andere Teil gilt aber nur und erst dann als weiterer - sogenannter "sozialer" - Elternteil, wenn eine Adoption erfolgt. Und an dieser fehlte es hier. In solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob dieser soziale Elternteil als enge Bezugsperson der Kinder anzusehen ist und der Umgang ausdrücklich dem Kindeswohl dient. Das OLG hat dies hier auch geprüft und schließlich bejahend festgestellt. Daher hat es den begehrten Umgang gewährt und entsprechend angeordnet, obwohl der andere (rechtliche) Elternteil dies nicht wollte.

    Hinweis: Über die Besonderheiten bei einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft liegen häufig zu wenig Kenntnisse vor. Generell sind die Regeln einer gleichgeschlechtlichen und einer nicht gleichgeschlechtlichen Ehe im Wesentlichen identisch - scheinbar auch in der Annahme, "es werde schon nicht zur Trennung kommen". Doch wie man sieht: Es ist eindeutig sinnvoll, sich "in guten Zeiten" zu informieren, um bei Eintritt der unerwarteten schlechten Zeiten ausreichend Vorsorge getroffen zu haben.


    Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.11.2020 - 2 UF 185/19
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Mindestunterhalt bei Gesundheitseinschränkungen: Fiktive Einkünfte dürfen nicht ohne hinreichende gerichtliche Feststellungen angerechnet werden
  • Hat ein Unterhaltspflichtiger nur geringe Einkünfte, ist er damit nicht automatisch von der Verpflichtung befreit, Unterhalt zu zahlen. Gegebenenfalls ist mit erzielbaren und also fiktiven Einkünften zu rechnen. Was dabei zu beachten ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dargelegt.

    Die betreffenden Kinder lebten beim Vater. Die Mutter - Floristin, psychisch vorbelastet und in Teilzeit arbeitend - sollte folglich Unterhalt zahlen. Ärztlich angeraten wurden ihr nur bis zu 16 Arbeitsstunden wöchentlich, tatsächlich arbeitet sie jedoch 20 Stunden. Dennoch reichte dies für den Kindesunterhalt nicht aus. Nur wenn sie in Vollzeit einer Tätigkeit nachgehen würde, stünden ihr ausreichend Mittel zur Verfügung, den Mindestunterhalt für die Kinder zu zahlen. Das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) hatte sie deshalb in zweiter Instanz auf der Basis fiktiver Einkünfte zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Das BVerfG hob die Entscheidung jedoch auf.

    Zunächst ist es am Unterhaltspflichtigen, darzutun und zu beweisen, warum es ihm nicht möglich sei, den geforderten Mindestunterhalt zu leisten. Die Anforderungen sind hoch, denn es gilt der generelle Grundsatz, dass selbst jemand ohne Ausbildung und in selbst schwierigen Arbeitsmarktphasen den Mindestunterhalt zahlen könne. Gegebenenfalls müsse dafür auch ein Nebenjob angenommen werden - bis zu 48 Stunden Arbeit pro Woche seien zumutbar. Streng zu prüfen sei also jede Behauptung, es könne sogar der Mindestunterhalt nicht gezahlt werden. Zweifel und Unklarheiten gehen zwar erst einmal zu Lasten des Unterhaltspflichtigen - doch in dem hier behandelten Fall hätte zunächst näher der Frage nachgegangen werden müssen, inwieweit die Mutter gesundheitsbedingt außerstande war, mehr zu arbeiten. Und genau dabei hatte es sich das OLG etwas zu einfach gemacht: Wenn sie nach ärztlicher Vorgabe nur 16 Stunden arbeiten könne, tatsächlich aber 20 Stunden arbeite, dann seien ihr auch 40 Stunden möglich. So einfach ist es in den Augen des BVerfG dann doch nicht: Es verwies den Fall wegen eines Verfassungsverstoßes zurück an das OLG und fordert es nach eingehender Prüfung der individuellen Gesamtumstände zur erneuten Entscheidung auf.

    Hinweis: Die Unterhaltsverpflichtung spielt auch im Fall von Arbeitslosigkeit eine Rolle. Wer arbeitslos ist, kann sich nicht darauf beschränken, sich arbeitslos zu melden. Er muss auch selber initiativ werden und von sich aus auf Stellenanzeigen reagieren, damit er seine Unterhaltspflichten erfüllen kann.


    Quelle: BVerfG, Beschl. v. 09.11.2020 - 1 BvR 697/20
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


Zum Thema Mietrecht

  • Baumpflege im Mietverhältnis: Fällen und Entsorgen eines kranken, morschen oder abgestorbenen Baums kann umlagefähig sein
  • Mieter und Vermieter können sich in einem Mietverhältnis über vieles streiten. Immer wieder geht es dabei auch um die Frage, welche Arbeiten genau zur Gartenpflege gehören. Nun hat das Landgericht München I (LG) hierzu eine wichtige Frage geklärt.

    In einer Nebenkostenabrechnung hatte ein Vermieter Kosten für das Fällen zweier abgestorbener Ebereschen, das Fällen einer absterbenden Kirsche und eines Goldregens, die Totholzentfernung an einer Birke und einer Esche sowie das Laden, Abfahren und Entsorgen des Schnittguts berechnet. Als die Mieter diese Kosten nicht übernehmen wollten, wurden sie vom Vermieter verklagt. Der meinte nämlich, dass die Kosten der Gartenpflege im Mietvertrag ordnungsgemäß auf die Mieter umgelegt worden waren und diese deshalb zahlen müssten.

    Das sahen die Richter des LG genauso. Zur "Gartenpflege" gehört im Sinne der Betriebskostenverordnung auch das Fällen eines kranken, morschen oder abgestorbenen Baums. Die hierfür erforderlichen Kosten sind daher im Mietverhältnis als Betriebskosten umlagefähig. Dies gilt sogar unabhängig davon, ob eine Ersatzbepflanzung erfolgte oder nicht.

    Hinweis: Eine Verpflichtung zur Übernahme von Gartenarbeiten muss sich aus dem Mietvertrag ergeben. Werden die Gartenarbeiten im Mietvertrag nicht auf den Mieter übertragen, hat der Vermieter sie auch auf eigene Kosten durchzuführen.


    Quelle: LG München I, Urt. v. 19.11.2020 - 31 S 3302/20
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Nach Umbau am Gewerbeobjekt: Unterschreiten der Mietfläche um 10 % berechtigt nicht automatisch zur Mietminderung
  • Bei Mietobjekten ist die anzumietende Fläche natürlich ein ausschlaggebener Faktor. Und eben deshalb ist immer wieder die Größe Gegenstand von Streitigkeiten, die schließlich vor Gericht landen - hier bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).

    Eine Gewerbemieterin wollte ihrem Vermieter gegenüber eine Mietminderung um 10 % durchsetzen. Sie hatte Räumlichkeiten zum Betrieb einer Ballettschule angemietet. Die Miete sollte für das Mietobjekt, das im Mietvertrag gekennzeichnet war und dessen Fläche insgesamt rund 300 m² betrug, 4.100 EUR betragen. Dann teilte ihr die Vermieterin allerdings mit, dass nach durchgeführten Umbauarbeiten die Skizze falsch sei und die Fläche um insgesamt 10 m2 geringer ausfiel.

    Der BGH entschied jedoch, dass die Mieterin dennoch nicht zur begehrten Mietminderung berechtigt war. Zwar lag hier grundsätzlich ein Sachmangel durch die Flächendifferenz vor. Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche allerdings eine Größe auf, die um weniger als 10 % unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt sei.

    Hinweis: Vermieter und Mieter sollten vor dem Abschluss des Mietvertrags genau die Wohnung ausmessen. So bleibt Streit im Nachhinein erspart.


    Quelle: BGH, Urt. v. 25.11.2020 - XII ZR 40/19
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Nutzungsentschädigung: Zieht der Untermieter erst nach Räumungsurteil aus, schuldet er die gesamte rückständige Miete
  • Wenn ein Mieter nach einer berechtigten Kündigung nicht auszieht, muss er dem Vermieter eine entsprechende Nutzungsentschädigung zahlen. Die Frage, wie sich ein solcher Umstand bei einem auszugsunwilligen Untermieter verhält, musste einmal mehr der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

    Ein Vermieter hatte eine über 100 m2 große Wohnung an einen Hauptmieter vermietet, der eine 7 m2 große Kammer der Wohnung an einen anderen untervermietete. Das Hauptmietverhältnis endete nach dem Tod des Hauptmieters. Dann forderte der Vermieter den Untermieter erfolglos zur Herausgabe der Wohnung auf. Mitte des Jahres wurde der Untermieter zur Räumung verurteilt, und es wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum 30.09. gewährt. Nun verlangte der Vermieter von dem Untermieter nach dessen Zwangsräumung im Oktober die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die gesamte Wohnung für die Monate März bis September. Insgesamt ging es um etwas über 2.000 EUR.

    Der BGH sah die Sache so: Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer auch den vollen Schadensersatz verlangen. Der Untermieter schuldet ihm demnach eine Nutzungsentschädigung für die gesamte Wohnung. Für den Vermieter sei es schließlich unzumutbar, wenn die dem in der Wohnung verbliebenen Untermieter gewährte Räumungsfrist dazu führe, dass er die Miete nur in Höhe des Untermietzinses erhielte.

    Hinweis: Die Untervermietung hat schon zu viel Streit geführt. Genaue vertragliche Regelungen können helfen - bitten Sie also besser Ihre Rechtsberatung rechtzeitig um fachliche Mithilfe.


    Quelle: BGH, Urt. v. 11.12.2020 - V ZR 26/20
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Vorgetäuschter Eigenbedarf: Maklerkosten des zu Unrecht gekündigten Mieters gehören nicht zu schadensersatzpflichtigem Aufwand
  • Wer einem Mieter zu Unrecht wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs kündigt, kann sich schadensersatzpflichtig machen. Ob infolge einer unrechtmäßigen Kündigung aber sämtliche Folgekosten erstattungspflichtig sind, musste im Fall von Maklergebühren der Bundesgerichtshof (BGH)  beantworten.

    Ein Mieter hatte zunächst die Kündigung wegen Eigenbedarf und danach eine Räumungsklage erhalten. Während des laufenden Berufungsverfahrens erwarb der Mieter unter Einschaltung eines Maklers eine Eigentumswohnung in Berlin. Hierfür stellte ihm der Makler eine Provision über knapp 30.000 EUR in Rechnung. In der Berufungsinstanz schlossen Vermieter und Mieter sodann einen Räumungsvergleich, worin sich der Mieter zum Auszug verpflichtete. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass der Vermieter den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hatte. Daraufhin wurde er von seinem ehemaligen Mieter auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Insbesondere wollte er die Maklerkosten erstattet erhalten.

    Da war der BGH jedoch anderer Ansicht. Ein Mieter, der wegen einer Pflichtverletzung des Vermieters aus der Wohnung auszieht und keine neue Wohnung anmietet, sondern Wohnungs- oder Hauseigentum erwirbt, kann die zum Zweck des Eigentumserwerbs angefallenen Maklerkosten nicht als Schadensersatz vom Vermieter ersetzt verlangen. Der Schaden muss nämlich in einem inneren Zusammenhang mit dem sogenannten Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters stehen. Und Maklerkosten fallen nicht darunter.

    Hinweis: Die Kündigung des Vermieters sollte stets rechtmäßig sein. Andernfalls drohen hohe Schadensersatzzahlungen. Lassen Sie eine solche Kündigung stets rechtzeitig von Ihrer Rechtsberatung prüfen - egal ob als gekündigter Mieter oder als kündigender Vermieter.


    Quelle: BGH, Urt. v. 09.12.2020 - VIII ZR 238/18
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Wohnungseigentümergemeinschaft irrt: Die Nichtvorlage des Mietvertrags ist kein wichtiger Grund, eine Vermietungszustimmung zu verweigern
  • Wer der Meinung ist, Wohneigentum verhindert unnötige Streitigkeiten, ist noch nicht in den Genuss gekommen, eines von vielen Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu sein. So musste der Bundesgerichtshof (BGH) auch im folgenden Fall zwischen den Streitparteien eines Objekts vermitteln - und zwar mit Aufklärung in Sachen Zustimmungsrechten und -pflichten.

    Hier ging es um eine WEG mit drei Wohnungen. Die Vermietung einer Wohnung bedurfte gemäß der gemeinschaftlich vereinbarten Teilungserklärung der schriftlichen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Diese durfte allerdings nur aus wichtigem Grund versagt werden. Nun wollte ein Eigentümer die Wohnung einer Familie mit vier kleinen Kindern überlassen. Die anderen Eigentümer verweigerten jedoch ihre Zustimmung, weil der Eigentümer den entsprechenden Mietvertrag nicht vorlegte. Die WEG sah genau darin einen der wichtigen Gründe zur Verweigerung der Zustimmung.

    Doch diese Ansicht hat der BGH verneint. Denn die Nichtvorlage des Mietvertrags sei kein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung. Zwar muss ein Eigentümer, der von der Zustimmung der anderen abhängig ist, Informationen und Unterlagen zu Namen, Beruf, Familienstand, Wohnanschrift und zur Zahl der einziehenden Personen geben - der Mietvertrag selbst gehört jedoch nicht zu den zwingenden Voraussetzungen für eine entsprechende Zustimmung. Gleiches gilt übrigens laut BGH für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer seine Wohnung verkauft. Auch in einem solchen Fall muss er den Kaufvertrag seinen Miteigentümern nicht vorlegen.

    Hinweis: Im Wohnungseigentumsrecht gibt es viele Neuerungen, insbesondere durch neue gesetzliche Regelungen. Wer hierbei rechtlich sattelfest bleiben mag, sollte sich der Hilfe einer anwaltlichen Fachkraft des Mietrechts bedienen.


    Quelle: BGH, Urt. v. 25.09.2020 - V ZR 300/18
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 03/2021)


Zum Thema Sonstiges

  • Achtlos hangaufwärts geschwungen: Ein Verstoß gegen die FIS-Regeln beim Skifahren kann teuer zu stehen kommen
  • Egal, auf welche Pisten sich ein Skiurlauber zu schwingen gedenkt - er sollte dabei stets die geltenden Regelungen des internationalen Skiverbands (FIS-Regeln) beachten. Denn dass eine Missachtung des anerkannten Verhaltenskodex teuer werden kann, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Frankenthal (LG).

    Zwei deutsche Skifahrer hatten an einer Skireise nach Kanada teilgenommen. Bei einer gemeinsamen Abfahrt der Reisegruppe wurde der eine Wintersportler von dem anderen überholt. Hierbei kam es zu einem Zusammenstoß. Bei dem Verletzten wurde nach seiner Rückkehr nach Deutschland ein Kreuzband- und Seitenbandriss sowie eine Verletzung des Innen- und Außenmeniskus festgestellt. Der Skifahrer hatte die FIS-Regeln bei dem Überholmanöver verletzt und wurde zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 27.000 EUR verklagt - und vom LG auch entsprechend verurteilt.

    Der Unfallverursacher hatte unmittelbar vor dem Unfall zum Linksschwung angesetzt und ist dann beim Ausfahren aus der Kurve leicht hangaufwärts gefahren. Hierbei gilt nach Nr. 5 der FIS-Regeln jedoch eine besondere Sorgfaltspflicht, die der Skifahrer nicht beachtet hatte. Jeder Skifahrer, der hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach unten und nach oben vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann. Und der Unfall bewies, dass dies hier nicht erfolgt war.

    Hinweis: Es zeigt sich, wie wichtig eine private Haftpflichtversicherung sein kann. Diese wird wohl mit großer Wahrscheinlichkeit den Skifahrer davor schützen, selbst zahlen zu müssen.


    Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 17.11.2020 - 7 O 141/19
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Angabe von Gründen: BGH definiert, welche Bedingungen Prämienerhöhungen der PKV erfüllen müssen
  • In gleich zwei parallelen Verfahren verklagten Mitglieder ihre private Krankenversicherung (PKV), da sie deren unbegründete Beitragserhöhungen für nicht rechtmäßig erachteten. In der Tat urteilten die Gerichte, dass eine Erhöhung ohne Begründung unzulässig sei. Doch damit war der Fall nicht abschließend geklärt, so dass erst der Bundesgerichtshof (BGH) grundlegende Rahmenbedingungen für eine korrekte Verfahrensweise zu Beitragerhöhungen definieren musste.

    Die Versicherung holte zunächst die angemahnte Begründung ihrer Beitragserhöhung nach. Damit war zwar der Mangel geheilt - dennoch war die Erhöhung der Beiträge wegen fehlender Begründung bis zu diesem Zeitpunkt unwirksam. Die Versicherung musste die bis dahin gezahlten Erhöhungen an den Versicherten zurückzahlen.

    Und auch der BGH urteilte nach eingelegter Revision, dass die Beiträge ohne Angabe der Rechnungsgrundlage für die Beitragsanpassung - wie Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeit - nicht erhöht werden können. Erst dann starte die Frist für die Beitragsanpassung. Selbst ein Nachreichen einer solchen Begründung führe nicht zu einer rückwirkenden Rechtmäßigkeit. Der Senat betonte, dass die Mitteilung der Gründe es dem Versicherungsnehmer ermöglichen soll nachzuvollziehen, welche konkreten Gründe für eine Erhöhung vorliegen. So muss dabei auch deutlich werden, dass nicht das individuelle Verhalten des Versicherungsnehmers Grund für die Beitragserhöhung sei. Vielmehr soll dem Versicherungsnehmer deutlich gemacht werden, dass veränderte Umstände die Beitragsanpassung veranlasst haben. Gleichsam weist der BGH jedoch auch darauf hin, dass der Versicherer nicht zur Mitteilung verpflichtet sei, in welcher Höhe genau sich die Rechnungsgrundlage geändert hat.

    Hinweis: Prämienerhöhungen anstandslos zu akzeptieren, kann durchaus ein Fehler sein. Ob jedoch eine unzulässige Prämienerhöhung vorliegt, sollte sorgsam durch eine Fachkraft geprüft werden.


    Quelle: BGH, Urt. v. 16.12.2020 - V ZR 314/19
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • BGH bestätigt Befangenheit: Ablehnung des Richters bei langjähriger Freundschaft seiner Gattin mit der Beklagten gerechtfertigt
  • Im folgenden Fall musste der Bundesgerichtshof (BGH) über das sogenannte "Vitamin B" befinden. Da Justizia schließlich nicht umsonst mit verbundenen Augen dargestellt wird, um ihre Neutralität allen Streitparteien gegenüber zu symbolisieren, sollte auch eine private Verbindung zwischen Richter und Klägern bzw. Beklagten ausgeschlossen werden - oder etwa nicht?

    Hierbei ging es um einen Rechtsstreit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die Stellflächen von Kraftfahrzeugen. Das Amtsgericht hatte die Klage erstinstanzlich abgewiesen, wogegen Eigentümer in Berufung gingen. Dabei kam es zur folgenden ungewöhnlichen Konstellation: Die Ehefrau des Vorsitzenden Richters der zuständigen Berufungskammer war seit Jahren mit der Beklagten befreundet. Der Vorsitzende Richter hatte davon in einem von den Klägern gegen alle übrigen Wohnungseigentümer geführten Beschlussanfechtungsverfahren 2015 eine Mitteilung gemacht und erklärt, selbst seit Jahren keinen Kontakt mit der Beklagten zu haben. Trotzdem lehnten die Kläger den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab - zu Recht.

    Der BGH war der Auffassung, dass die Besorgnis der Befangenheit begründet ist, wenn zwischen dem Ehegatten des abgelehnten Richters und einer Prozesspartei eine enge bzw. langjährige Freundschaft besteht.

    Hinweis: Die Ablehnung eines Richters muss gut begründet sein. Zudem sollte dabei stets berücksichtigt werden, dass sich dadurch der Prozess verlängert.


    Quelle: BGH, Urt. v. 19.11.2020 - V ZB 59/20
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Selbstschädigungsgefahr von Demenzerkrankten: Heimträger müssen ihre Schutzpflichten auf die Krankheitsbilder der Bewohner anpassen
  • Wer Menschen betreut und pflegt, hat hohe Schutzpflichten übernommen und muss diesen auch gerecht werden. Dieser folgenschwere Fall, der vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landete, drehte sich darum, welche Eventualitäten in einem Pflegeheim in Betracht gezogen werden müssen, sobald eine Selbstgefährdung desorientierter Patienten festgestellt wurde.

    Ein im Jahr 1950 geborener Mann lebte - hochgradig dement und desorientiert - in einem Pflegeheim und wies demenztypische Symptome wie Lauftendenz, Selbstgefährdung, nächtliche Unruhe und Sinnestäuschungen auf. Das Pflegeheim brachte ihn in einem Zimmer im dritten Obergeschoss unter, das über zwei große Dachfenster verfügte, die gegen ein eigenständiges Öffnen nicht gesichert waren. Der Abstand zwischen dem Fußboden und den Fenstern betrug zwar 120 cm, vor den Fenstern befanden sich jedoch zudem ein 40 cm hoher Heizkörper sowie in 70 cm Höhe eine Fensterbank, über die man stufenweise zur Fensteröffnung gelangen konnte. Es passierte schließlich, was passieren musste: Der Mann fiel aus einem der beiden Fenster und verstarb nach mehreren Operationen. Seine Witwe verlangte nun Schmerzensgeld vom Heimbetreiber.

    Der BGH verwies die Angelegenheit zwar an die Vorinstanz zurück, machte aber deutlich, dass ein Schmerzensgeld zu zahlen sein wird. Denn ein an Demenz erkrankter Pflegeheimbewohner darf bei einer Selbstschädigungsgefahr nicht in einem im Obergeschoss gelegenen Wohnraum mit einfach zu öffnenden Fenstern untergebracht werden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein solcher Unglücksfall nahe lag. Auch eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, löst Sicherungspflichten des Heimträgers aus.

    Hinweis: Erfahren Sie von Missständen in Pflegeeinrichtungen, sollten Sie nicht davor zurückschrecken, die entsprechenden Aufsichtsbehörden zu informieren. Dabei kann Ihr Rechtsanwalt behilflich sein.


    Quelle: BGH, Urt. v. 14.01.2021 - III ZR 168/19
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 03/2021)


  • Von Kartoffel getroffen: Kind hat nach zwei Angriffen der Nachbarin nicht ohne weiteres Anrecht auf Kontaktaufnahmeverbot
  • Dass Kinder in ihrer Natur einem gern mal den sogenannten letzten Nerv rauben können, wird allgemeinhin wohl mit einem Nicken bestätigt. Glücklicherweise stimmen jedoch auch die meisten zu, dass man nicht nur selbst nicht anders gewesen war, sondern Gewalt als Reaktion auf jeden Fall abzulehnen sei. Im Folgenden war das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) mit der Bewertung eines Vorgangs betraut worden, in dem eine Erwachsene nicht adäquat auf ein Kind reagiert hatte. Ob der Vorfall gleichsam Anlass für ein Kontaktaufnahmeverbot ausreichte? Lesen Sie selbst.

    Mehrere Kinder spielten im Hof eines Wohnhauses, als sich eine Nachbarin genau dadurch gestört fühlte. Sie warf daraufhin mit Kartoffeln nach den Kindern und traf dabei ein Kind am Rücken. Zudem griff die Frau das Kind an einem anderen Tag am Arm, hielt es fest und zog an ihm. Schließlich weinte das Kind - und es konnte nachts nicht mehr schlafen. Daher beantragte der Vertreter des Achtjährigen die Festsetzung eines Annäherungs- und Kontaktaufnahmeverbots im Wege der einstweiligen Verfügung - mit wenig Erfolg.

    Das AG entschied, dass das Bewerfen eines Kindes mit einer Kartoffel und das Ziehen an dessen Arm nicht gleich ohne weiteres Handlungen darstellen, die den Erlass einer Gewaltschutzanordnung rechtfertigten. Eine Strafbarkeit hat das Gericht nicht gesehen.

    Hinweis: Gewalt ist keine Lösung - niemals. Betroffene sollten Beratungsstellen oder eben auch den Rechtsanwalt ihres Vertrauens aufsuchen.


    Quelle: AG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.11.2020 - 456 F 5230/20 EAGS
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 03/2021)


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